Filmseminar zur NS-Propaganda: „Jud Süß“ – ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit?

Jedes Jahr tauschen die Schüler der 11. Jahrgangsstufe für einen Vormittag das Klassenzimmer gegen den Kinosaal und sehen einen der erfolgreichsten Kinofilme der deutschen Kinogeschichte. Jedoch ist es nicht der wirtschaftliche Erfolg, der Veit Harlans Film bis heute Aufmerksamkeit beschert, sondern eher die Tatsache, dass „Jud Süß“ als Inbegriff des perfiden Hetzfilms und als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ gilt.

„Ein ganz großer, genialer Wurf. Ein antisemitischer Film, wie wir ihn uns nur wünschen können. Ich freue mich darüber“, so schreibt Reichspropagandaminister Joseph Goebbels – der Auftraggeber des Films – am 18. August 1940 in sein Tagebuch. Ein anderer Zeitzeuge, der Schriftsteller Ralph Giordano, nach nationalsozialistischem Sprachgebrauch ein „jüdischer Mischling“, erlebt den Film ganz anders. In seiner Autobiografie „Erinnerungen eines Davongekommenen“ schildert er die Reaktion des Publikums und seinen eigenen Gefühlszustand nach einer Vorführung: „An dieser Stelle ging ein Stöhnen der Wut und der Abscheu durch die Kinoreihen, eine offenbar ununterdrückbare Gefühlsäußerung, die von der starken Wirkung des Films zeugte. Als nach dem Abspann das Licht anging, herrschte denn auch große Stille – als wären die Zuschauer gelähmt. Die Luft war schwer, die mörderische Wirkung des Films überwältigend präsent. So präsent, dass ich glaubte, mich nicht erheben zu können, ohne erkannt zu werden.“

Bis heute ist „Jud Süß“ ein Vorbehaltsfilm. Solche Filme dürfen aufgrund ihres kriegsverherrlichenden, rassistischen oder volksverhetzenden Charakters nicht gesendet, verkauft, verliehen oder vorgeführt werden. Eine Ausnahme bilden Veranstaltungen im Rahmen der politischen Bildung. Für eine solche kommen Referenten wie Horst Walther vom Wiesbadener Institut für Kino- und Filmkultur auf Einladung der Fachschaft Geschichte immer wieder nach Eichstätt, um den Schülerinnen und Schülern die Wirkungsweise nationalsozialistischer Propaganda am Original begreiflich zu machen.

Referent Horst Walther vom Institut für Kino- und Filmkultur